Veröffentlicht am: 6. April 2023

Frühling auf der Insel

Der Frühling kommt auf die Insel. Sehnsüchtig warten die meisten Borkumerinnen und Borkumer und die ersten Gäste darauf. Natürlich ist es auf Borkum auch im Winter schön. Aber der Frühling ist dann doch der Zauber eines neuen Anfangs. Man kann es mit Eduard Möricke sagen und auch den Frühling so fühlen: „Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte. Süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land. Veilchen träumen schon, wollen balde kommen. Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja du bist´s. Dich hab´ich vernommen.“ Genauso stimmungsvoll beschreibt Johann Wolfgang von Goethe in Faust I den nahenden Frühling: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick. Im Tale grünet Hoffnungsglück. Der alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in rauhe Berge zurück…..“

Frühling auf der Insel

Aber der Frühling ist natürlich auf Borkum auch viel mehr. Die Ruhe des Winters ist vorbei, die Saison steht vor der Tür, Handwerker arbeiten unter Hochdruck an Ferienwohnungen, Werbung wird überarbeitet, Restaurants planen Einkäufe, Veranstaltungen werden geplant. An allen Ecken und Enden der Insel spürt man die Lust am Aufbruch – es geht wieder los – die neue Saison steht vor der Tür. Stellvertretend für viele Borkumerinnen und Borkumer, die sich auf den Frühling vorbereiten, haben wir mit dem Küchenchef eines Restaurants, einem Schäfer und einem Musiker gesprochen. Was bedeutet für sie Frühling, mal nicht im Sinne von Eduard Möricke oder Johann Wolfgang von Goethe. Sondern mit der Lust auf die neue Saison und die Arbeit, die damit zusammenhängt.

Bernd Helm, Küchenchef, Restaurant Palée im Strandhotel Hohenzollern

Für Bernd Helm, Küchenchef des Restaurants Palée, ist der Frühling schon ab Mitte Februar ins Strandhotel Hohenzollern eingezogen. Wie in jedem Jahr, wenn im Rheinland Karneval gefeiert wird, ist das Haus komplett belegt. Es kommen nicht nur Gäste an den Wochenenden, manche bleiben bis zu drei Wochen. Viele Stammgäste sind darunter, meistens Seniorinnen und Senioren. „Viele alte Bekannte sind hier und jetzt ist auch die Zeit, mich mit vielen unterhalten zu können,“ sagt Bernd Helm. Dennoch sind die Vorbereitungen für den täglichen Betrieb genauso wie die Planungen für die nächsten Monate in vollem Gange. Der 1961 im saarländischen Illingen geborene Küchenchef hat seinen Beruf von der Pike auf gelernt. Seit 1987 lebt er mit seiner Familie auf der Insel und kocht seit Oktober 2012 im Restaurant Palée. Wobei seine Aufgaben schon weit über die Zubereitung der kulinarischen Köstlichkeiten hinausgehen.

Die Borkumer Schnuckenschäferei Jan, Monika und Christoph Müller
Foto: Familie Müller

Bereits mit drei bis vier Wochen Vorlauf plant er den Bedarf an Lebensmitteln und bestellt bei seinen Lieferanten. „Du kannst nicht mal eben von heute auf morgen z.B. Wachteln bestellen und wunderst dich dann, wenn sie nicht rechtzeitig geliefert werden“, erläutert er. Jede Woche bekommt die Küche mehrere Rollcontainer mit viel Ware für das Restaurant. Hier kommt Bernd Helm seine langjährige Erfahrung zugute. „Ich habe ein System entwickelt, das es mir ermöglicht, schon bis zu sechs Wochen im Voraus mit den Händlern zu sprechen und zu ordern.“ Ostern, einer der wichtigsten Frühlingstermine, steht vor der Tür. Bereits jetzt laufen die Vorbereitungen dafür, die Speisekarten sind geschrieben, die Bestellungen an die Lieferanten sind raus. „Wenn du die Speisekarte schreibst, musst du heutzutage eigentlich schon nachgucken, dass du dafür einen zuverlässigen Lieferanten hast.“ Ostern ist das Haus voll. Die Hotelgäste und viele Borkumerinnen und Borkumer lieben das Palée. Der Ruf ist ausgezeichnet und die exzellente Küche zieht immer wieder alte und neue Gäste an. Weit über den Frühling hinaus hat Bernd Helm das Jahr geplant – seine Themenbuffets ziehen seit Jahren Gäste in das Restaurant: Seine Spargelbuffets im Mai und im Juni, die Wildtage im Herbst, die Sommerevents am Freitagabend direkt vor dem Hotel auf der oberen Strandpromenade und das Oktoberfest sind fest eingeplant.

Doch für alles, was der Küchenchef macht und plant, braucht er Personal. Gutes Personal! Ein großes Problem auf der Insel, nicht nur im Frühling. „Sagen wir mal so“, meint Bernd Helm, „Fachkräftemangel ist ein Problem. Aber inzwischen ist es so, dass unsere Leute gut bezahlt werden und ein gutes Betriebsklima herrscht. Und wenn jemand eben Urlaub haben möchte, dann bekommt er ihn auch.“ Natürlich braucht auch er immer wieder gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, besonders im Service. Er legt großen Wert darauf, seine Begeisterung und seine Wertschätzung für den Beruf zu leben: „Ich kann nur das verlangen, was ich selber vorlebe.“ Wichtig ist für ihn der Kontakt zur Inselschule und zur Berufsschule. Da wird schon mal im Hauswirtschaftsunterricht ein Menü mit Vorspeise, einem anspruchsvollen Rehrücken und einem Dessert mit den Schülerinnen und Schülern zubereitet. „Und dann sprechen wir über den Beruf und auch, dass wir zu wenig Lehrlinge haben.“

Es geht los bei Bernd Helm, aber er ist eigentlich schon mittendrin im Frühling, und mittendrin im neuen Jahr. Man spürt seine Vorfreude auf die Saison, seine Liebe zum Beruf, seine Begeisterung, mit einem guten Team seine Gäste mit kulinarischen Köstlichkeiten und perfektem Service zu erfreuen. Er weiß, wovon er redet, er weiß, was er macht. Für seine Gäste.

Monika und Christoph Müller – Die Schnuckenschäferei

Viele Tiere und Pflanzen stehen sinnbildlich für den Frühling, für den jährlichen Neubeginn der Natur. Und ganz besonders sind es die Lämmer, die symbolhaft neues Leben signalisieren. Für Monika und Christoph Müller ist der 15. März ein wichtiger Tag – die Ablammzeit beginnt, d.h. die jungen Lämmer kommen zur Welt. Und somit der Beginn, der für die Borkumer Schnuckenschäferei der Anfang der wichtigsten Jahreszeit ist. Für Monika und Christoph, die Schnuckenschäferei betreiben sie im Nebenerwerb, heißt das viel Arbeit, anstrengend und sehr zeitintensiv. Die Schafe lammen über den ganzen Tag und auch in der Nacht. Die Moorschnucken sind sorgsame und behutsame Mütter. Hilfreich ist eine Internetkamera, die es ihnen ermöglicht, von zu Hause aus in den Stall zu schauen.

Dennoch, erzählt Christoph „fahre ich während der Lammzeit sechsmal am Tag raus zu den Ställen hinter dem Seedeich- manchmal morgens um halb sechs und bis abends um halb elf.“ „Das Ablammen geht normalerweise von Natur aus, aber nicht immer. Man muss halt gucken, ob die Lämmer gesund auf die Welt kommen. Oder überhaupt auf die Welt kommen.“

Es komme vor, dass Geburtshilfe zu leisten ist, weil die Lämmer falsch liegen und nicht mit dem Bein zuerst kommen. Manche Muttertiere haben zu wenig Milch und Lämmer müssen mit der Flasche aufgezogen werden. Und auch die Muttertiere benötigen Versorgung. Die Mutterschafe haben alle geräumige „Einzelzimmer“ mit ihren Lämmern. Nach ein paar Tagen, wenn alles gut gegangen ist, kommen sie zu den anderen Tieren in den Stall.

Seit 25 Jahren kümmern sich Monika, Christoph und Sohn Jan – er lebt zur Zeit für eine Ausbildung in Berlin – auf Borkum um die Zucht von Moorschnucken. Mit im Team ist seit Mai 2020 „Toss“, ein Border Collie, eine besonders als Hütehund für Schafe geeignete Rasse aus Großbritannien. Ihr gemeinsames Ziel ist es, die vom Aussterben bedrohte Schafrasse zu erhalten. Dazu gehört auch die Verarbeitung und der Verkauf der Wolle, der Felle und des Fleisches der Schafe. Diese lokalen Naturprodukte der Insel, um die sich besonders Monika aktiv kümmert, sind etwas sehr Besonderes. Sie verkauft die handverarbeitete Borkumer Wolle als Roh-, Strick-, oder Filzwolle. Das Fleisch der Moorschnucken und der Lämmer bekommt durch das ganzjährige Weiden an der salz- und jodhaltigen Nordseeluft einen besonderen Geschmack, ist fettarm und reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Gerne zeigt die Borkumer Schäferfamilie ihren Gästen auch die Welt der Schafe und Lämmer auf der Insel durch Vorträge und Führungen.

Zum Ende des Frühjahrs im Juni kommt die Schafschererin. Schnucken werden als letzte geschoren und weil es so wenig Schafscherer gibt, ist es nicht einfach, einen Termin zu bekommen. Dann kommt der Sommer. Die Herde wird permanent auf neue Weiden umgesetzt, aber es muss nicht mehr zugefüttert werden. Den Herbst und Winter verbringen die Tiere draußen. Kälte macht ihnen nichts aus – nur zu viel Regen und durchnässte Böden sind nicht gut für die Tiere. „Die fühlen sich wohl, wenn sie draußen sind.“ Und wenn der Winter vorüber ist, beginnt der natürliche Kreislauf des Schäferjahres von Neuem – und mit ihm kommen wieder die kleinen Lämmer. Es ist Frühling auf der Insel.

Tipp der Redaktion


Ein ganz besonderes Event ist der Lammtag am Karfreitag 07. April 2023 von 11:00 16:00 Uhr. Eintritt ist frei. Ort: Borkumer Schnuckenschäferei Stall Reedestraße 199 – direkt hinter dem Tüskendör-Deich Der Besuch ist ein Höhepunkt für das Osterwochenende auf Borkum. Lämmer sind wirklich süß!

Shantychor „Oldtimer“ mit neuem Bühnen- programm und neuer CD

Die Natur blüht auf, die Restaurants bereiten sich auf die Frühlingsgäste vor – und die Musiker kommen endlich zurück auf die Bühne. Borkums berühmter Shantychor „Oldtimer“ ist mitten in den Vorbereitungen für den Start. Am 20. April steht er wieder auf der Bühne der Kulturinsel mit seinem neuen Programm „Störtebekers Erben“.
Manuel Pietzner, gemeinsam mit Christoph Müller wortgewaltiger Moderator der Auftritte, bestätigt, dass sie nach Corona wieder früh angefangen haben, regelmäßig zu proben. Das Programm „müsse sitzen“, weil die neue Saison bevorsteht und sie dazu auch noch eine neue CD aufgenommen haben. Seit der letzten CD sind schon einige Jahre vergangen und die „Oldtimer“ haben seitdem schon so viele neue Stücke auf die Bühnen gebracht, die unbedingt auch auf CD gehören – insbesondere sind es die Highlights der vergangenen Auftrittsjahre. Dazu zählen sicherlich der Mitsingsong „Leichte Mädchen, schwere Jungs“, das romatische „Nordseewellen sind rau“, der große Seemannsklassiker „Sailors Farewell“ und „Übers Meer“, geschrieben vom unvergessenen Rio Reiser. Fehlen darf auf der neuen CD auch nicht „Abschiedslied Mr. Hurley“, das Lied, welches die „Oldtimer“ in den letzten drei Jahren immer als allerletztes Stück gesungen haben. „Wir haben auch wirklich gut gesungen“, sagt Manuel Pietzner selbstbewusst. Für die Aufnahme konnten sie Sönke Broders aus Pellworm mit seinem mobilen Tonstudio nach Borkum holen, der bekannt ist für seine technisch anspruchsvollen Aufnahmen.

Und die Borkumer Sänger haben auch ein neues Programm einstudiert. „Da präsentieren wir Stücke, die bisher noch gar nicht auf der Bühne zu hören waren.“ So etwas wie die traurige, aber dennoch warmherzige Ballade „Danny Boy“, inzwischen so etwas wie die inoffizielle irische Hymne. Mit „Hol uns der Teufel“ kommt ein sehr deftiges, besonderes Piratenlied auf die Bühne. Und „Heute versauf´ ich die Heuer“ von Axel Prahl wird sicherlich die Zuhörer begeistern. Insgesamt ist das neue Programm „Störtebekers Erben“ ein sehr buntes, was in dieser Zusammenstellung bisher nicht gesungen wurde. Immerhin ist das gesamte Repertoire des Chores über die Jahre schon auf 300 Stücke angewachsen. Um so ein breit gefächertes Programm auf die Bühne bringen zu können, braucht man natürlich auch Stimmen, man braucht gewaltige Qualitäten bei den Sängern. Und die haben die „Oldtimer“. „Das ist, glaube ich, das wirklich Besondere an unserem Chor. Jeder unserer Sänger singt auch solo“, erläutert Manuel Pietzner. Das ist tatsächlich außergewöhnlich und so in anderen Chören kaum zu finden. Es sorgt für große Abwechslung für das Publikum. „Aber das inspiriert auch und motiviert natürlich auch die einzelnen Sänger mitzumachen, weil jeder nicht nur ´Mitsänger` ist, sondern jeder ist aktiver Sänger.“
Aus 21 Borkumer Männern bestehen die „Oldtimer“, davon sind 18 Musiker: Torben Addens / Cornelius Akkermann / Hans-Ulrich Akkermann / Derk Bakker / Rolf Beckmann / Marcel Buse / Uwe Dittrich / Till Fehlhaber / Uwe Kasten / Marten Kieviet / Reinder Kieviet / Edo Kolodziej / Ronny Meems / Christoph Müller / Manuel Pietzner / Jürgen Schirmer / Kay Storm / Max Thormann. Dazu kommt Herby Peters – Wirt der ehemaligen Oldtimer-Stammkneipe „Am alten Leuchtturm“-, der die Männer versorgt und CDs nach den Konzerten verkauft. Und die beiden erfahrenen Tontechniker Roelof Meeuw und Gerrit Witt, auf deren Schultern der reibungslose technische Ablauf ruht.

Besonders auffällig ist auch der niedrige Altersdurchschnitt der „Oldtimer“. Der älteste aktive Teilnehmer ist Aki Akkermann mit 67, der jüngste ist Max Thormann, gerade 27 Jahre jung. Das ist nicht häufig bei Shantychören. „Es ist wichtig, dass immer wieder neues Leben dazukommt“, meint Manuel Pietzner. Und er kennt auch die Gründe. „Das liegt einerseits daran, dass wir erfolgreich sind mit vollen Sälen und gut besuchten Konzerten. Und unsere Stärke ist, dass wir moderne Stücke bringen, Lieder auch selbst umschreiben und arrangieren, Stücke, die noch nie ein Shantychor gesungen hat. Und, dass wir modernes Bühnenprogramm z.B. mit professionellen selbst produzierten Filmen machen. Das ist für junge Leute auch attraktiv mitzuwirken.“ Der Erfolg liegt nicht allein an den guten Sangeskünsten. Er liegt auch an der Stimmung auf der Bühne, die sich spielend auf die Zuhörerinnen und Zuhörer überträgt. Er liegt an der unkomplizierten Leichtigkeit der beiden Moderatoren Christoph Müller und Manuel Pietzner, er liegt an der Stimmung auf der Bühne, „wir lachen auch über uns und versuchen dennoch alles aus uns herauszuholen. Wir nehmen unser Publikum ernst, aber uns nicht so sehr“, erklärt Manuel schmunzelnd den Erfolg.

Es ist schön, dass es Frühling ist. Es ist schön, die Musiker wieder auf der Bühne zu sehen. Und es ist schön, dass wir nach Corona unser altes Leben wieder haben.

Auftritts-Termine Saison 2023


Mo.13.03.2023, 20.00 Uhr:
Offenes Singen mit Gästen im Biercafé „Das Ei“

Do. 20.04.2023, 20.00 Uhr:
„Störtebekers Erben“, Kulturinsel Borkum

Di. 09.05. + Mi. 10.05.2023, 20.00 Uhr:
„Sailing“, Evangelisch-reformierte Kirche Borkum

Do. 22.06.2023, 20.00 Uhr:
„Störtebekers Erben“, Kulturinsel Borkum

Do. 13.07 + 10.08.2023 19.00 Uhr: Eintritt frei
„Konzert unter freiem Himmel“: Upholm-Hof

Di. 05.09. + Do. 21.09.2023, 20.00 Uhr:
„Störtebekers Erben“, Kulturinsel Borkum

Sa. 02.12.2023, 20.00 Uhr:
„Unser Winterkonzert“, Kulturinsel Borkum

Das neue Burkana Magazin No. 89
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