Veröffentlicht am: 18. Dezember 2022

Die Signalstelle

Zwischen Kurpark in den Westdünen und den Süddünen erhebt sich schon von Weitem erkennbar ein markantes Gebäude. Nahezu von jedem Punkt der Insel sichtbar, ist es für jede Borkumerin und für jeden Borkumer seit über einem Jahrhundert Teil der Insel.

Die Signalstelle

Viele Gäste auf dem Weg zum Südstrand am südlichen Ende von Süderstraße und der Bürgermeister-Kieviet- Promenade sind interessiert zu wissen, was sich hinter diesen hohen Mauern verbirgt: Es ist die Signalstelle. 1996 kauften die Borkumer Anneliese und Werner Rohde das Gebäude von der Bundesvermögensverwaltung der Bundesrepublik Deutschland und erweiterten es mit attraktiven Ferienwohnungen.

Warum von der Bundesrepublik Deutschland? Welche Geschichte steckt hinter dem jahrhundertalten Lebenslauf des Gebäudes? BURKANA ist den Fragen auf den Grund gegangen. Hilfreich bei der Recherche war das detailreiche Buch „Feuerschiff BORKUMRIFF“ des Borkumers Gregor Ulsamer.

Die Übermittlung von Signalen und Nachrichten hatte für die Kommunikation zwischen Land und See und der Sicherheit der Schifffahrt immer eine große Bedeutung. Auf Borkum gab es schon 1879 eine Signalstation auf der Höhe der heutigen Strandstraße. Es war jedoch nicht mehr als eine Hütte mit Signalantennen während der Bauarbeiten des Neuen Leuchtturms.

Erst mit dem Bau des „Kleinen Leuchtturms Borkum“, so die offizielle Bezeichnung, 1887/1889 änderte sich vieles. Der Turm, für die Insulaner heißt er bis heute „De Elektrische Toren“ oder „Elektrischer Leuchtturm“ war Teil eines Leitfeuersystems von sieben deutschen und niederländischen Türmen. Zum 15. April 1894 begann die Reichs-Post dort mit einer „See-Telegraphenanstalt“ für den inländischen Verkehr. Die Aufgaben wurden 1900 erweitert für den Allgemeinen Verkehr. Zum 30. März 1900 wurde die Station für den Allgemeinen Verkehr ohne Beschränkung zum Austausch von Informationen mit Schiffen mittels Flaggen ausgebaut. Es war nun eine „Friedens-Tag-Signalstation mit ständigem Ausguck.

Die Wurzeln der Signalstelle

Ab 1905 betrieb das Reichs-Marineamt eine Sturmwarnungs- und Eissignaldienststelle am Elektrischen Leuchtturm.
Der Mast stand auf der westlichen Straßenseite am Standort der heutigen Signalstelle. Seit Juli 1907 wurden Seeunfallnachrichten und Rettungstelegramme von diesem Ort geführt und verfolgt. Hier liegen nun die Wurzeln der Seenotwache und Hauptfunkstelle Borkum. Im September 1912 gab das Marineamt in Berlin eine Betriebsordnung für die „Marinesignalstelle Borkum-West“ im Elektrischen Leuchtturm heraus. 1913 besetzte die Marine personell die Funkstelle der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, übernahm sie schließlich zum 2. März 1914 und unterstellte sie dem Kommando der Marinestation Nordsee. Die Marine begann kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs mit dem Bau eines Hauptstandes der Befestigung – dem Gebäude der heutigen Signalstelle. 1923 übernahm die Reichsmarine mit ca. 30 Mann den Dienst in der Signalstelle, obwohl die überwiegende Mehrzahl der Aufgaben ziviler Art war: Seetelegramme, Schiffsmeldedienst, Wetterdienst, Eisauskunft und Sturmwarnungen sowie Seenotdienst.

Während des Zweiten Weltkriegs betrieb die Wehrmacht in einem Bunker vor der Signalstelle eine Unterwasserhorchanlage. Von hier wurden Kabel bis in den Bereich der Riffe vor Borkum verlegt und dort an Mikrofone angeschlossen. Bedient wurde die Horchanlage von Borkumern. Sie hörten die Schraubengeräusche vorbeifahrender Schiffe ab, verglichen sie mit Schallplattenaufzeichnungen und konnten die Art der Schiffe so identifizieren. Der Bunker wurde von der Familie Rohde restauriert und ist bis heute erhalten.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte die „Royal-Signals“, eine britische Spezialeinheit für Kampfgebietskommunikation, die Signalstelle. Die Idee der Briten, diese im Rahmen der Entmilitarisierung Deutschlands zu sprengen, wurde zum Glück nicht umgesetzt. Am 6. Februar 1946 übernahm das zivile Seewasserstraßenamt Emden die Signalstelle für die Beobachtung des Verkehrs in der Seewasserstraße der Emsmündung. Hinzu kam der Sturmwarn- und Wetterbeobachtungsdienst für das Seewetteramt Hamburg, sowie der Wasserstands- und Eismeldedienst für das Deutsche Hydrgraphische Institut. Besonders wichtig für die Stadt Borkum waren die Aufgaben als Brandbeobachtungsstelle und Feuerwache. Die 1946 von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger eingerichtete Rettungsfunkstelle auf dem Alten Leuchtturm wurde 1948 auf die Signalstelle verlegt. Hier war sie nun die Hauptfunkstelle der DGzRS mit dem Rufzeichen „Seenotwache Borkum“ /DBI. Drei Sender, neun Funkempfänger und ein Fernschreiber machten die Signalstelle Borkum zu einem Schwerpunkt im Seenotrettungsdienst und zu einem wichtigen Bindeglied zum niederländischen Seenotrettungswerk.
Die Bundesmarine erweiterte Anfang der 1960er-Jahre das Gebäude der Signalstelle und richtete in einer separaten Etage über der zivilen Signalstelle einen militärischen Signaldienst ein. Dennoch gab die Marine ihre Signalstelle nach wenigen Jahren wieder auf. Am 1. Juni 1964 installierte die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung noch die Küstenfunkstelle Borkum-Revier Radio mit dem Rufzeichen „Ems Revier“. Die Aufgaben des UKW-Funkdienstes waren die Versorgung der Schifffahrt mit Informationen über Schiffsbewegungen, Ankerliegern, Schleusungen, Störungen und Wasserständen. Die technologische Entwicklung moderner und unbemannter Radarstationen schritt voran und die bisherigen Anlagen wurden den Anforderungen nicht mehr gerecht. Das Wasser- und Schifffahrtsamt stellte somit den Betrieb der Signalstelle Borkum 1972 ein. In den folgenden Jahren bis 1996 stand die Signalstelle unter der Kontrolle der Bundesmarine. Mit Auflösung des Marinestandorts Borkum 1996 bot die Bundesvermögensverwaltung das Gebäude zum Kauf an. Anneliese und Werner Rohde mit ihren Kindern Angelika und Kurt erkannten die Chance, dieses außergewöhnliche Gebäude in einer ganz besonderen Dünenlage direkt am Strand zu erwerben. Der Turm wurde renoviert, im Laufe der Jahre kam ein attraktiv gestalteter Anbau dazu, einige Ferienwohnungen sind begehrte Urlaubsplätze für Gäste.

Der Borkumer Kurt Rohde, Eigentümer und Geschäftsführer des weltweit agierenden Tauchunternehmens RS Diving Contractor GmbH mit Hauptsitz auf Borkum hat inzwischen sein Büro in die Signalstelle verlegt. Dort wo früher für viele Jahrzehnte zivile und militärische Kommunikation betrieben wurde, wichtige Nachrichten ausgetauscht, Dienste für die Schifffahrt und für die Sicherheit auf See geleistet wurden, dort genießt er von seinem Schreibtisch den Blick hinaus auf die See. Vorbei an der Heimlichen Liebe geht sein Blick nach Westen über das Hubertgatt zum Rottumer Oog. Es gibt langweiligere Büroplätze.

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